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Bild: Screenshot, Twitter

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Darf man 164 unschuldige Menschen töten, um 70.000 zu retten?

Der gesunde Menschenverstand sagt erstmal “ja“.

Die ARD verfilmt Ferdinand von Schirachs Justizdrama „Terror“ und macht die Zuschauer zu Schöffen: Sie entscheiden über die Schuld des Angeklagten. Ein fiktiver Fall …

Darf man einige töten, um viele zu retten? Kampfpilot Koch schießt das Flugzeug ab, dessen Entführer gedroht hat, es auf ein Stadion stürzen zu lassen. „Terror“, das Theaterstück, wird in der ARD heute Abend TV-Event.

Das Publikum stimmt ab, ob der angeklagte Pilot verurteilt wird.

Ich plädiere mal auf “nicht schuldig“, wenn es tatsächlich um die Frage geht, ob man 164 Menschen töten darf, um mehrere Tausend Menschenleben zu retten.

Falls sich an meiner Ansicht etwas ändern sollte, nachdem ich den Film gesehen habe, gibt es ein Update.

(t.a., 17.10.2016, 17.49 Uhr)

OPD

Update vom 18.10.2016, 10.18 Uhr

Ich bleibe bei meinem Urteil, räume aber ein, dass ich großen Respekt vor anderen Standpunkten habe. Jeder Fall ist anders, aber bei der vorliegenden Geschichte gab es nur eine sehr wage Hoffnung, dass sich die Passagiere der entführten A320 noch hätten selbst retten können. In nur wenigen Minuten nach dem Abschuss durch Major Koch, wäre die Maschine höchstwahrscheinlich in die mit 70.000 Menschen voll besetzte Allianz-Arena gestürzt und hätte mehrere Tausend Menschen getötet und viele Tausend schwer verletzt.

Der Pilot erkannte einen “übergesetzlichen Notstand“ und handelte in gutem Glauben und mit heren Absichten, obwohl er damit gegen geltendes Recht verstoßen hat. Anstelle von Major Koch, hätte ich der Staatsanwältin eine klare Antwort auf die Frage gegeben, ob ich auch auf die Maschine geschossen hätte, wenn meine Frau und mein Kind darin gesessen hätten. Hier gab es nur eine Antwort: Ja.

Beim Schlusswort des Angeklagten hätte ich mir noch gewünscht, dass der Pilot die Opfer und Hinterbliebenen der abgeschossenen A320 aufrichtig um Vergebung gebeten – und sein tief empfundenes Mitgefühl für die 164 Toden zum Ausdruck gebracht hätte. Da war er mir etwas zu lässig …

Der Grundsatz “Leben darf nicht mit Leben aufgewogen werden“ ist vollkommen richtig und zeugt von einem humanistischen Leitbild unserer Gesellschaft, aber er kann auch zu einem zweifelhaften Verfassungsprinzip werden, wenn man sich in absolut jeder Situation stur daran hält. Im Zweifel steht für mich der gesunde Menschenverstand über jedem Gesetz, wenn es die Sache erfordert, wenn here Absichten nicht anders durchgesetzt werden können.

Nur ein Beispiel: Niemand darf einen Menschen foltern, so steht es wie in Stein gemeiselt: Im Verhör sitzt ein Terrorist, der in fünf deutschen Großstädten eine gewaltige Menge hochexplosiven Sprengstoff versteckt hat. In 30 Minuten gehen alle Bomben hoch. Nur ein Abbruchcode könnte die Katastrophe verhindern. Der Terrorist gibt den Code aber nicht heraus und grinst die Ermittler nur an, weil er um seine Rechte weiß. Die Haut würde ich ihm abziehen und jede noch so bestialische Foltermethode anwenden, bis dieser Teufel den Abbruchcode genannt hätte. Wer hierbei anders denkt, kann überall arbeiten, aber niemals im Staatsdienst.

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